Glücklich berichtet das kleine Rabenmädchen seiner Mama: ‚Mama, endlich habe ich einen Freund gefunden!‘, und zeigt auf das große Elefantenkind, das vor dem Vogelnest steht. Die Mutter ist entsetzt und macht sich große Sorgen um das Wohlergehen ihres Kindes. Der Elefant könnte es bei der gemeinsamen Mittagsruhe plattdrücken oder es könnte ertrinken, wenn es mit dem Elefanten ins Wasser geht, um sich die Füße zu kühlen. Und überhaupt, wie können sich die beiden verständigen, ohne gemeinsame Sprache? Das Rabenkind kann die Bedenken seiner Mutter nicht verstehen: Der Größenunterschied ist nur eine Frage der Perspektive – schließlich sind die Schatten der beiden gleich groß, wenn die kleine Rabin tiefer fliegt. Und elefantisch muss sie auch nicht verstehen, es gibt doch so viele Arten, miteinander zu kommunizieren. Mit seiner Unvoreingenommenheit gelingt es dem Vogelmädchen, die Befürchtungen seiner Mutter zu zerstreuen. Am Ende, als die beiden Freund*innen gemeinsam losziehen, macht sich die Rabenmutter Sorgen um das Elefantenkind. ‚Komm nicht auf die Idee, ihm zu zeigen, wie man von der Mauer springen kann.‘, ruft sie ihrem Kind hinterher. Auch das ist für das Rabenkind bereits geklärt. ‚(…) natürlich mache ich das nicht. Er ist ein Elefant, ein einfacher Elefant. Kein fliegender Elefant.‘, beruhigt es seine Mutter.
Das iranisch-deutsche Künstler*innenduo Saberi/Zaeri zeigt, dass Freundschaft möglich ist, unabhängig davon, ob sich Menschen ähnlich sind, denn Unterschiede und Ähnlichkeiten hängen von der Perspektive der Betrachter*in ab. Die Illustrationen geben der Geschichte eine besondere Tiefe. Oft ragen sie über die Seiten des Buches hinaus. Sie erinnern an Schattentheater, in das die Raben und der Elefant collagenartig eingefügt sind. Großformatige, dunkel gehaltene Bilder stellen die Sorgen der Vogelmutter eindringlich dar. Am Ende des Buches sehen wir als ein Sinnbild von Freundschaft vor einem hellen Hintergrund den kleinen Vogel, der auf dem Rücken des Elefanten sitzt.
Freundschaft ist ein wichtiges Thema für Kinder ab 4 Jahren. Das Buch mit seinen ansprechenden Illustrationen lädt dazu ein, mit Kindern darüber zu philosophieren: „Was haben Menschen gemeinsam, was nicht? Kann man sich verstehen, auch wenn man sich nicht ähnelt? Welche Gemeinsamkeiten findet man trotz der Unterschiede? Unterschiede bleiben bestehen und trotzdem kann man befreundet sein. Worin besteht Freundschaft? Wann ist eine*r mein*e Freund*in, wann nicht? (Kinderwelten)
