Mieko liebt es zu tanzen. Sie ist allerdings genervt von ihren langen Haaren, ihrer Strumpfhose und ihrem engen Trikot. Bevor sie nach den Sommerferien das erste Mal wieder zum Tanzen geht, lässt sie sich von ihrer Mutter die Haare kurz schneiden, sucht sich neue kurze Hosen und ein buntes T-Shirt zum Tanzen aus. Mit der neuen bequemen Kleidung kann Mieko sich so schnell drehen und so hoch springen wie nie zuvor und findet sich supercool. Und noch etwas hat sich verändert: Es gibt einen neuen Tanzlehrer, Tom, und ein neues Mädchen, Sofia. Sofia hat ein Lächeln, bei dem es Mieko ganz warm im Bauch wird. Zu Hause schreibt Mieko den Namen „Sofia“ auf ein Blatt und malt ein Herz darum.
In der nächsten Stunde teilt der Tanzlehrer Mieko der Sprunggruppe zu, in der ansonsten die Jungen tanzen. Alle anderen Mädchen werden der Pirouettengruppe zugeteilt. Als Mieko dies realisiert, bildet sich ein dicker Knoten in ihrem Bauch. Und als ihre Schwester Sayaka zuhause dann noch das Blatt mit Sofias herzumrandeten Namen findet, ist Mieko vollends wütend und verzweifelt. Sie zerreißt das Papier in Fetzen und fürchtet sich vor der nächsten Tanzstunde, weil sie denkt, »Vielleicht stimmt es ja, dass sie in die Jungsgruppe gehört? Vielleicht hat sie sich die ganze Zeit geirrt und ist gar kein Mädchen?«
Als die anderen Mädchen in der Tanzstunde ihre Haarlängen vergleichen, versichert Tom ihnen, dass sein „Schatz“ die längsten Haare hätte. Und es stimmt tatsächlich. Als sein „Schatz“ Kristopher ihn später abholt, findet Mieko, dass er mit seinen langen Haaren der schönste Mensch ist, den sie je gesehen hat. Als er ihr dann auch noch sagt, dass schöne Sprünge nichts damit zu tun haben, ob jemand ein Junge oder ein Mädchen ist, freut Mieko sich. Und als Sofia sie dann auch noch bittet, Spagatsprung mit ihr zu üben, ist sie vollends glücklich.
Dieses Bilderbuch ist eines der wenigen Kinderbücher mit einem Mädchen of Color als Hauptfigur, die nicht den üblichen Geschlechterstereotypen entspricht und einen japanischen Familienbezug hat. Fragen von jungen Kindern zu Geschlechterrollen und die damit verbundenen Anforderungen werden kindgerecht und sensibel thematisiert. Geschlechterstereotype Vorstellungen werden kritisch in Frage gestellt.
Gleichgeschlechtliche Gefühle, sowohl zwischen Kindern als auch zwischen Erwachsenen sind im Buch positiv repräsentiert: Miekos angedeutete Verliebtheitsgefühle werden von ihrer Schwester positiv und ermutigend kommentiert. Die schwule Beziehung von Tom und Kristopher wird selbstverständlich und unaufgeregt dargestellt. Kritisch anzumerken ist, dass die Menschen, die Mieko anhimmelt (Sofia und Kristopher), beide weiß sind und lange blonde Haare haben. Dadurch werden gesellschaftlich vorhandene Schönheitsideale und Machtverhältnisse unkritisch reproduziert.
Dieses auch graphisch wundervoll gestaltete Buch ermutigt und bestärkt junge Menschen darin, zu ihren Gefühlen zu stehen und den Geschlechtsausdruck zu wählen, mit dem sie sich wohl fühlen und die Dinge zu tun, die ihnen Freude bereiten. (Kinderwelten)
Preis: 19€