Es ist die Zeit des 1. Weltkriegs. Die fünfjährige Rosalie, die nichts als den Krieg kennt, erzählt in Kriegsmetaphern die Geschichte ihrer „Mission“. Rosalie lebt mit ihrer Mutter zusammen. Seit Kriegsbeginn arbeitet diese in der Fabrik, Rosalies Vater ist Soldat. Während die Mutter arbeitet, geht Rosalie in die Schule. Sie sitzt ganz hinten in der Klasse und versteckt sich mucksmäuschenstill zwischen den Mänteln, während der Lehrer den Schulkindern lesen, schreiben und rechnen beibringt. Sie hat auch ein Heft bekommen, in das sie während des Unterrichts malen kann. Rosalie hat jedoch ihren eigenen Plan .. Und Edgar aus der Klasse kann ihr vielleicht dabei helfen.
Der Krieg ist überall. Jeden Morgen liest der Lehrer die Kriegsnachrichten vor, aber nur die guten. Und wenn die Mutter sie abholt, müde von der Arbeit, liest sie Rosalie oft die Briefe des Vaters vor. Die Mutter liest, dass der Vater nach dem Krieg mit Rosalie angeln gehen möchte und Rosalie im Mühlbach schwimmen lernen wird. Doch Rosalie mag diese Briefe nicht. Sie scheinen zu fröhlich zu sein. Rosalie merkt, dass irgendetwas nicht stimmt mit den Briefen und die Mutter nicht authentisch ist. Nur wenn sie manchmal traurig und erschöpft ist, erscheint sie ihr nah. Als nach einem schönen Tag mit der Mutter morgens ein blauer Brief auf dem Tisch liegt und die Mutter ihr nicht ins Gesicht schauen kann, weiß Rosalie, dass nichts mehr so sein wird wie vorher. Vier lange Wochen dauert diese lähmende Zeit, in denen sich Mutter und Kind durch die Sprachlosigkeit der Mutter entfremden. Und dann kann Rosalie lesen. Nun kann ihre „Mission“ starten. Mit Edgars Hilfe holt sie die Briefe des Vaters, die in der blauen Dose liegen. Nichts steht darin von Forellen und vom Angeln. Er schreibt stattdessen von Blut, Angst und Gemetzel. Das alles hat die Mutter ihr vorenthalten. Rosalies Gefühl hat sie nicht getrogen. Als sie den letzten Brief findet, den blauen, in dem steht, dass der Vater „auf dem Feld der Ehre gefallen“ ist, kann sie mit ihrer Mutter weinen und sie nähern sich wieder an, weil sie nun gemeinsam trauern können.
Es ist verständlich, dass die Mutter die Tochter schützen möchte, doch so hält sie ihre Tochter unnötig klein und entmündigt sie. Sie übersieht dabei, dass Rosalie in ihrem jungen Alter enorm willens- und charakterstark ist. Ihre Entschlossenheit zeugt von Mut und ihre ablehnende Haltung gegenüber den Phantasiegeschichten der Mutter beweist, dass auch jüngere Kinder erkennen, wenn ihnen Erwachsene etwas vormachen – sei es auch im guten Glauben, das Kind so zu schützen. Kinder vermögen Anspannungen, Leid und Schmerz zu erkennen können diese Gefühle ertragen, wenn die Erwachsene die Bereitschaft haben, sich eben auch auf ihre Emotionen einzulassen und die Kinder in den Gefühlen zu begleiten.
Die Stimmung im Buch ist auch durch die Illustrationen generell eher trist und wirkt realistisch, weil die Auswirkungen des Krieges auch dort ankommen, wo nicht unmittelbar gekämpft wird.
Der Lehrer, der im Krieg einen Arm verloren hat, spielt eine zentrale Rolle bei Rosalies “Mission”, weil er ihr, ohne es zu bemerken, das Lesen beibringt.
Kritisch anzumerken ist, dass der Rest der Kindergruppe innerhalb der Klasse wenig bis gar nicht divers wirkt und sehr blass bleibt. (Kinderwelten)
Preis: 15,00 €