Titel:

Yunis und Aziza. Ein Kinderfachbuch über Flucht und Trauma

Jahr:

2016

Altersgruppe:

Verlag:

Mabuse

Es ist Montag und in die Löwengruppe im Kindergarten kommen zwei neue Kinder: Yunis und Aziza. Sie sind Geschwister und werden wohl von ihrem Vater in den Kindergarten gebracht. Die Erzieherin stellt die beiden vor und alle Kinder singen für sie das Begrüßungslied. Wir erfahren von Montag bis eine Woche später Mittwoch, wie es den beiden Geschwistern geht: dass Aziza beim Abschied von ihrer Mutter weint, mit einer Puppe spielt und Yunis Bausteine aufbaut und wie er sie wieder kaputt macht. Dass sie immer nebeneinandersitzen und die Kinder ihnen zwei Stühle nebeneinander stellen, zum Beispiel beim Basteln, was den beiden Spaß macht, denn sie lachen. Als am Donnerstag draußen ein Hubschrauber zu hören ist bekommen die Geschwister Angst und verstecken sich unter dem Tisch. Deswegen erzählt die Erzieherin, als Aziza und Yunis nicht da sind, die Lebensgeschichte der Geschwister: Die beiden sind geflüchtet und haben in ihrer Heimat Krieg und Hunger erlebt. Deswegen reagieren sie in verschiedenen Situationen für die anderen Kindergartenkinder unverständlich. Doch die Erzieherin stellt Gemeinsamkeiten her, indem sie zum Beispiel fragt: „Hattet ihr auch schon mal Angst?“. Sie versucht bei den Kindern Verständnis zu wecken und das gelingt ihr, indem sie von Ängsten und Traumata als Monster spricht und die Kinder die eigenen Monster malen lässt. Gemeinsam überlegen sie, wie sie Aziza und Yunis unterstützen können. Die Kinder haben viele Ideen. Und wenn sich Aziza und Yunis „merkwürdig“ benehmen, dann wissen zukünftig alle wie sie reagieren können, um die Monster zu vertreiben.

Im Anhang gibt es für Pädagog*innen und Interessierte wichtige Informationen zum Thema Trauma und wie man traumatisierte Kinder unterstützen kann. Zusätzlich gibt es noch weiterführende Literatur, Adressen und Anlaufstellen.

Leider werden durch einige sprachliche Wendungen doch wieder der Graben zwischen „uns“ und „denen“ gezogen. Der Vater wird als „fremd und finster“ aussehend vorgestellt. Die Kinder kommen aus einem Land, in dem man „kein Deutsch spricht.“ Schön wäre es gewesen zu erfahren, welche Sprache die Kinder sprechen und aus welchem Land sie kommen. Einmal heißt es „Die Sprache ist ganz fremd.“ Vielleicht ist die Sprache nicht allen Kindern fremd, manche Kinder haben sie vielleicht

nur noch nie gehört. Die Kinder haben „dunkle Augen und dunkle Haare“. Welche Farbe haben denn die Haare? Sind sie braun oder schwarz? Und die Augen? Drei Jungen der Kita spielen ein Spiel und alle nennen sie „die Wilden“. Dieser abwertende Ausdruck, der auch als Abgrenzung von Weißen gegenüber People of Colour verwendet wird, entstammt einer Ideologie der Höherwertigkeit westlicher Kulturen. Kinder erhalten so zudem die falsche Botschaft, dass der Impuls zu Aktivität negativ zu bewerten ist. Als sich Yunis vor diesen Jungs erschreckt, sieht man auf dem Bild wie er mit einem großen Ast in der Hand auf die Jungen zu rennt, als wäre er die Bedrohung. Im Text steht aber, dass er Angst vor den Jungs hat, die mit Ästen gespielt haben. Bild und Text passen nicht zusammen. Kinder, die das Buch betrachten, sehen aber das Bild und ziehen höchstwahrscheinlich den Schluss, dass Yunis der „Angreifer“ ist, was das Fremdheitsgefühl ihm gegenüber verstärkt.

Ein weiteres Beispiel, das wir kritisch finden: Als Aziza weint sagt ein Mädchen: „Sonst weinen doch nur die ganz kleinen Kinder.“ Wirklich?

Trotz dieser schwierigen Textstellen ist dieses Buch doch das einzige, das wir zum Thema Trauma gefunden haben. Mit der o.g. Einschränkung empfehlen wir es deshalb dennoch. (Kinderwelten)

Preis: 16,95 Euro