Titel:

Zug der Fische

Jahr:

2020

Altersgruppe:

Verlag:

Carlsen

Marika lebt in dem karpatischen Dorf Brusturiv in der Ukraine bei ihrer Großmutter. Ihre Mutter arbeitet in Europa, so wie fast alle Erwachsenen im Dorf. Im Sommer sammelt Marika Blaubeeren und verkauft sie auf dem Markt in der Stadt. In fast allen Häusern kümmern sich die älteren Geschwister oder die Großeltern um die Kinder, die zurückgeblieben sind. Es ist Winter und auch dieses Weihnachten wird die Mutter nicht nach Hause kommen, sondern Geld schicken. Für eine neue Winterjacke, Winterschuhe, für Süßigkeiten, ein Märchenbuch und Kuhfutter. Jedes Jahr bekommt sie zwei, einen zum Geburtstag, einen zu Weihnachten. Sechs Stück hat sie schon. Heute ist Weihnachten und plötzlich steht Iwan vor Marika. Er sammelt Geld ein. Die Kinder sollen daraus kleine Boote basteln, um sie in den Fluss Brusturka zu werfen. Die Boote sollen den Eltern sagen, dass sie zurückkommen sollen und weil heute Christi Geburt ist, gehen alle Wünsche in Erfüllung, sagt Iwan. Marika steht vor einer schweren Entscheidung, denn das Geld war ja für wichtige Dinge und die Mutter arbeitet doch für sie in Italien. Und sie hat auch ein bisschen Angst vor Iwan. Marikas Sehnsucht nach der Mutter ist groß und so faltet auch sie ein kleines Boot aus einem Geldschein und schreibt darauf: „Christus wird geboren! Nur ohne dich merke ich es nicht.“ 

„Zug der Fische“ beschäftigt sich mit einem hierzulande kaum beleuchteten Thema: der Arbeitsmigration von Eltern aus der Perspektive der zurückgebliebenen Kinder. Großformatige, poetische Illustrationen angelehnt an Buntstift-Kinderzeichnungen unterstreichen ihre Perspektive. 

„Eurowaisen“ werden die Kinder der osteuropäischen Arbeitsmigrant*innen genannt, ein Begriff, der ursprünglich von polnischen Journalist*innen und Wissenschaftler*innen entwickelt wurde. Ein Phänomen, das kurz nach der Jahrtausendwende und der katastrophalen wirtschaftlichen Situation nach dem Zusammenbruch der staatswirtschaftlichen Systeme begann. Eine Erläuterung dazu findet sich am Ende des Buches und informiert erwachsene Leser*innen.  

Aus der Perspektive des Kindes Marika bekommen die Leser*innen Einblick in die komplexen und widersprüchlichen Gefühle, die diese überfordernde Situation in ihr auslöst. Ähnliches haben bereits die Kinder der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ Südeuropas erlebt, als deren Eltern in den 1960-er und 1970-er Jahren Arbeitsmigrant*innen in der Bundesrepublik waren. Einige der damaligen Kinder haben als Erwachsene ihre Erfahrungen auch in Buchform geteilt. Das Buch wurde mit dem Hamburger Bilderbuchpreis 2019 ausgezeichnet. (Kinderwelten) 

Preis: 18 €